JUNGEStheaterKEN

Kantonsschule Enge Zürich

Im Gespräch mit Jean-Michel Räber über „Tells Welle“

"Tells Welle" klingt ungewöhnlich, Wilhelm Tell und die Welle, passt das?


Ja, ich finde, das passt schon. Sowohl bei „Tell“ wie auch bei der Welle geht es um Freiheit, bzw. um Unterdrückung. Es geht um die Frage, wie positioniere ich mich in einem repressiven Umfeld. Passe ich mich an, suche ich den Kompromiss oder rebelliere ich? Wie rebelliere ich? Und was für Konsequenzen hat das jeweils?

 

Was hat dich an den Stoffen besonders interessiert? Worin liegt die Brisanz?


Wir leben in einer Zeit der Umbrüche. In einer Welt, die immer mehr aus den Fugen gerät. Das Haus Europa ist in seinem Fundament bedroht. Was bedeutet das für uns Schweizer? Wir hören oft den Satz: wir müssen unsere Freiheit verteidigen. Doch was heisst das genau? Wie frei bin ich, wenn ich mich immer mehr nach aussen abschotte? Ist es berechtigt zu sagen (wie eine Figur im Stück), dass man das Erreichte in unserem Land in Ruhe, untereinander, geniessen möchte. Was bedeuten Schillers Worte heute „wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern.“? Wo oder wann hört die Brüderlichkeit auf?


Welche Bedeutung hat für dich das Schreiben in Mundart?


In der Schweiz wird Dialekt gesprochen. Warum soll man das also nicht auf der Bühne tun? Ich bedauere es sehr, dass auch im professionellen Theater fast ausnahmslos Hochdeutsch gesprochen wird. Mundarttheater wird oft abschätzig als „Bauern - Theater“ abgekanzelt. Als ob das etwas Niederes sei. 

„Beim Dialekt fängt die gesprochene Sprache an“, sagte schon Goethe. 

Und ich behaupte, die meisten Laien und Jugendlichen fühlen sich im Dialekt wohler und freier. 




Du schreibst neben vielem anderen besonders häufig Theaterstücke für Jugendliche (u.a. die vergangenen Stücke des JTK) - was reizt dich daran?


Jugendliche haben eine ungeheure Energie. Und diese Energie, die am Ende auf die Zuschauer (also auch auf mich) überschwappt, ist einzigartig. Ich nehme sie mit nach Hause und sie nährt mich für eine ganze Weile. Das schönste Kompliment, das mir ein Freund nach „R&J“ gemacht hat, war: "ich schaue in Zukunft nur noch Schultheater.“ Weil ihn diese Energie, diese Spielfreude umgehauen hat. 

Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie prägend ein Schultheater Projekt sein kann. Man lernt nicht nur selbstbewusster aufzutreten (auf der Bühne zu stehen verlangt viel Mut!), man lernt auch Verantwortung zu tragen, auf und hinter der Bühne. Natürlich ist der Weg zur Premiere nicht einfach. Er ist oft steinig. Aber diese Reise mit den Jugendlichen anzutreten empfinde ich als sehr bereichernd. Und ich hoffe, dass es ihnen genau so geht.


Zum Schluss: Welche Bühnenrolle würdest du selbst gerne spielen?


Ach, das sind so viele. Für Romeo bin ich leider eindeutig zu alt…